Vegetarische Fermentation kennt keine Grenzen. Man kann alles fermentieren. Gemüse, Obst, Blätter, Blüten, Stengel, Wurzeln, Unkraut. Probieren, probieren, probieren ... und warten.

Warten ist das A und O. Warten ist eine andere Zeitrechnung. In einer schnelllebigen Zeit ist Warten eine Zumutung. Nichts tun und sich darauf verlassen, dass die Natur es richtet. Natürlich kümmert man sich darum, dass die Rahmenbedingungen gut dafür sind, und das ist auch nicht wenig Arbeit. Aber Koch und Köchin nehmen sich zurück. Es ist nicht das Werk des Kochs, sondern das der Natur. Die Natur ist die Köchin.

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Fermentiert werden die drei Hauptbestandteile koreanischer Küche: Dön Dsang, Kan Dsang, Kochu Dsang, also fermentierte Bohnenpaste, Sojasauce und fermentierte Chilipaste. Das ist die Basis. Sie sind mehr als nur Gewürz, sie stehen für sich. Daraus werden dann Suppen, Gemüse, Salate, Getränke, Nachspeisen. Mit dieser Basis wird weiterfermentiert. Eben alles. Unendliche Möglichkeiten, ein grenzenloses Universum.

Der Geschmack ist nicht unbedingt säuerlich wie bei Eingelegtem. Man kennt inzwischen den umamireichen leicht süßlichen Geschmack von japanischem Miso. Durch das Prinzip der Spontanvergärung wird der Geschmack noch vielschichtiger, komplexer. Und bei fermentierten Pflanzen entstehen ganz eigene Aromen. Man bekommt ein wenig Ehrfurcht vor der entstandenen Dimension.

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Und es gibt Kimchi. Natürlich. Dem Kimchi haben wir in unserem Buch ein extra Kapitel gewidmet. Der mit zwei Michelin-Sternen ausgezeichnete koreanische Koch Woojoong Kwon sagt, er fände kaum noch richtiges Kimchi. Kaum jemand wisse noch, wie gutes Kimchi geht. Nun, warum das so ist, haben wir im Buch beschrieben. Mit Kimchi wird ein ganz besonderer Weg eingeschlagen und nicht einfach nur ein Produkt hergestellt.

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Das weltweite Standardwerk zur Fermentation hat Sandor Katz geschrieben. Katz ist überall auf der Welt den Rezepten des Vergärens nachgegangen und hat zusammengetragen, wie in allen Ländern und Kulturen die Technik des Fermentierens verwurzelt ist. Er ist in seinem Buch „Fermentation as Metaphor“ zu dem provokanten Schluss gekommen, dass wir heute unsere Mündigkeit als Bürger am Supermarktregal abgegeben haben. Und dass wir sie uns zurückerobern können, indem wir mit der Ausübung des Fermentierens die Zusammenhänge des Lebens verstehen lernen und wiedergewinnen.

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Dann ist da die Sache mit der Gesundtheit. Überraschenderweise steht die Forschung beim Thema Fermentation, und besonders bei vegetarischer Fermentation, noch am Anfang. Man weiß inzwischen, dass die Milchsäurebakterien pflanzlicher Fermentationen wesentlich vitaler sind, dass sie im Gegensatz zu den Milchsäurebakterien von Joghurt bis in den Darm gelangen. Und man weiß, dass das Mikrobiom des Darms ganz wesentlich auf diese Bakterien angewiesen ist. Neueste Untersuchungen legen den Schluss nahe, dass von einer gesunden, aktiven Darmtätigkeit das gesamte menschliche Wohlbefinden abhängt und unser Immunsystem gestärkt wird. Allergien, die in den letzten Jahrzehnten extrem zugenommen haben, könnten unter anderem mit einer dysfunktionalen Darmtätigkeit zusammenhängen. Vermutlich werden die Forschungsergebnisse am Ende auch wissenschaftlich belegen, dass es die koreanische Bevölkerung mit ihrer überlieferten Esskultur schon seit Jahrtausenden richtig gemacht hat.